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19.11.2006: Der Tag an dem mein Leben zerrüttet wurde

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19. November 2020

Ich hatte durchaus eine schöne Jugend. Einzelkind, die Eltern (die allerbesten) versuchten jeden Wunsch von meinen Lippen abzulesen, ein ruhiges und gesittetes Familienleben. Mit 8 Jahren brachte mich mein Vater in den Motocross-Sport. Ein Leben wovon viele vielleicht nur träumen konnten. Die weiteren Jahre verliefen „normal“. Doch irgendwie aufgrund der lodernden Leidenschaft, die längst zu einem Teil des Lebens der ganzen Familie wurde, war es dann wohl doch nicht so normal. Wöchentlich mehrmalige Trainingseinheiten, am Wochenende meist auf irgendeinem Rennen oder in der Vorbereitung auf ein solches. Wenn da nicht die ganze Familie dahintersteht, ein schwieriges Unterfangen.

Doch schon in meiner frühen Kindheit wurde mir ein gewisses Talent bezüglich Motocross attestiert. Dieses Talent nutzte ich auch, um immer besser zu werden. Auch schulisch war soweit alles in Ordnung: Volksschule im eigenen Ort absolviert, danach ins Gymnasium nach Gänserndorf.

Das Jahr 2006, ein Schicksalsjahr

Im Jahr 2006 wurde ich im Motocross immer besser und nach dem Sommer erreichte ich ein Level, auf dem mir durchaus die TOP 7 in der Österreichischen Staatsmeisterschaft zugetraut wurden. Für 2007 war die Startnummer schon reserviert und ich war in großer Erwartung und harter Vorbereitung auf meine erste Saison in der Staatsmeisterschaft. Wie man als Kind so ist, träumte ich schon von internationalen Rennauftritten und wurde von meinem Papa, aber auch von meiner Mama bei dem Vorhaben einer Rennfahrerlaufbahn bestmöglich unterstützt (aber noch wichtiger war den Beiden natürlich die Bildung).

Doch so spielt das Leben nicht, es gibt nicht diesen traumhaften Weg, diese verträumte Welt, in der alles immer perfekt ist. 19. November 2006: BUMM, Schicksalsschlag. Es war eigentlich ein ganz normaler Tag, für den November recht schön. Wir nutzten das Wetter für eine gemeinsame Trainingsausfahrt, wie so oft, jede Woche, also mein Vater und ich. Dann bin ich hinter ihm nachgefahren. Er wollte einen Sprung springen, den er vorher (zumindest an diesem Tag, so genau reicht die Erinnerung nicht mehr) noch nicht gesprungen war. Da ich ihn schon gesprungen bin und er eigentlich relativ harmlos war, bin ich hinter ihm nachgefahren. Doch schon davor sah ich es: Das Heck ging in die Höhe und mein Papa stürzte schwer. Den weiteren Verlauf erspare ich euch und mir an dieser Stelle. Die Rettungskräfte konnten nichts mehr für ihn tun, das Schicksal wollte es so. Ein eigentlich harmloser Sprung und das ganze Leben endete.

Das perfekt wirkende Leben quasi vorbei. Ich war damals knappe 12 Jahre alt (23.11.1994), es änderte für mich natürlich alles. Neben meinem Vater, der mir gemeinsam mit meiner Mama am meisten bedeutete, wurde auch meine Leidenschaft weggerissen – an dieser Stelle noch einmal vielen Dank an alle, die trotz des Unfalls versucht haben, mir meine Leidenschaft weiterhin zu ermöglichen – allen voran meiner Mutter, die damals als Alleinerziehende natürlich noch weit andere Sorgen hatte.

Heute 19.11.2020

Der Schmerz, der Verlust, sitzt noch immer tief. Vor ziemlich genau 1 1/2 Jahren änderte ich mein Leben erneut (zum Glück durch keinen Schicksalsschlag, sondern ein Umdenken). Keine Politik mehr, viele Einstellungen zum Leben und im Leben überdacht, neuen Elan geschöpft, ein positiverer Mensch geworden und die Energie hierfür gab mir meine alte Leidenschaft, die mir soviel genommen hat, aber auch soviel gegeben hat. Ich habe in meiner Vergangenheit genügend Fehler gemacht, doch das heißt nicht, dass die Zukunft nicht besser werden kann, dass man diese nicht anders leben kann. Mittlerweile trainiere ich jeden Tag hart. Ich hab es mir zum Ziel gesetzt im Motocross noch einmal voll anzugreifen. Mittlerweile bin ich knappe 26, doch die Leidenschaft ist noch immer riesig und der Ehrgeiz enorm.

Ich bin der Meinung, dass man sein Schicksal nur zu einem gewissen Grad bestimmen kann. Ich gebe nicht dem Sport die Schuld an meinem Verlust und bin dankbar, dass ich dieser Leidenschaft nachgehen kann. Ich bin auch Dankbar für die schönen, wenn auch viel zu wenigen Jahre, die ich mit meinem Papi verbringen durfte. Ich bin aber auch ganz besonders meiner Mama dankbar, die mich bei jedem noch so großen Blödsinn bestmöglich unterstützte und noch immer unterstützt. Danke auch allen anderen Menschen in meinem Leben, die es ermöglichen, dass ich meiner Leidenschaft in diesem Umfang nachgehen kann.

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